Als „Lost Places“, als vergessene Orte, bezeichnet man alte Gebäude, Ruinen, verlassene Häuser. Wir besuchen diese Orte und erinnern an ihre Geschichte. ![]() Bild1: Die alte Autobahnmeisterei Bad Hersfeld
Bad Hersfeld – Als die Autobahnmeisterei an der A4 am Fuße des Johannesbergs Anfang der 1960er Jahre in Betrieb ging, war die einst so betriebsame Ost-West-Achse zwischen Paris und Berlin politisch gleichsam ausgebremst durch die deutsche Teilung und fand nur wenige Kilometer weiter am Eisernen Vorhang ein jähes Ende. Trotzdem waren in den braun-rot geklinkerten Funktionsgebäuden bis 1997 die Autobahnmeister stationiert und sorgten dafür, dass wenigsten der Interzonenverkehr auf dem Asphaltband rollen konnte. ![]() Bild2: Ein vergessener Ort: Die alte Autobahnmeisterei am Fuße des Johannesbergs an der A4 in Bad Hersfeld
Heute ist die alte Straßenmeisterei ein „Lost Place“ – für manche auch ein Schandfleck am Fuße des schmucken Bad Hersfelder Stadtteils. Ortsvorsteher Günter Göttlicher weist immer wieder darauf hin, dass sich Unbefugte auf dem Areal rumtreiben und beklagt, dass jeden Menge Müll herumliegt. ![]() Bild3: "Seht her, ich war mit dem Betreten dieser Ruine mutig"
Tatsächlich ist das Areal kaum gesichert. Auch die Autobahnabfahrt besteht noch und ist für Wagemutige ein verbotener Schleichweg zum „Jo-Berg“. Sonst kommen nur Jogger und Spaziergänger auf der Wisbi-Runde an den graffiti-beschmierten Gebäuden und dem zunehmend überwucherten Areal vorbei. ![]() Bild4: Zerstörung zeugt auch von einer Art "Kultur"
Längst sind die Scheiben zerborsten. Fußspuren verraten, dass wohl so Mancher auch in das Innere der verlassenen Autobahnmeisterei vorgedrungen ist. Ein paar alte Kabelrollen, orangefarbene Verkleidungen von Notrufsäulen und zertrümmertes Porzellan in den alten Waschräumen zeugen stumm von den Tagen, als hier noch gearbeitet wurde. „Die zu betreuende Strecke muss von der ehemaligen Zonengrenze bis ungefähr zum heutigen Hattenbacher Dreieck im Süden und bis etwa zur Anschlussstelle Melsungen im Norden gereicht haben. Im Süden schloss sich das Gebiet der Autobahnmeisterei Alsfeld an“, erklärt der Historiker Dr. Rainer Ruppmann vom Archiv für Autobahn und Straßengeschichte in Köln. ![]() Bild5: Welche Geräte werden wohl hier einstmals gestanden haben?
Die meisten Straßenmeister, die einst Tag und Nacht vom Johannesberg aus dafür sorgten, dass der Verkehr auch bei Schnee und Eis rollt, sind heute im Ruhestand. Nur wenige der älteren Kollegen, die inzwischen in der neuen Autobahnmeisterei in Hönebach stationiert sind, erinnern sich an die Zeit am Johannesberg, bevor sie zunächst nach Kirchheim und später – sehr zum Leidwesen vieler Mitarbeiter – nach Hönebach umgezogen sind. ![]() Bild6: Die Größe der Autobahnmeistereien zeugt von ihren umfangreichen Aufgaben
Denn die Wege von dort – etwa zum neuralgischen Pommer, wo bei Schnee die Lastwagen querstehen, oder zum stark frequentierten Kirchheimer Dreieck – sind weit. Mit ihrem neuen Stützpunkt in Wildeck sind daher viele nicht zufrieden, heißt es hinter vorgehaltener Hand. ![]() Bild7:
Seit dem Fall der Mauer ist inzwischen die A4 wieder jene pulsierende Verkehrsader, als die sie lange vor der Deutschen Teilung geplant war. Die A4 wird deshalb ausgebaut, und der endgültige Abbruch der alten Autobahnmeisterein rückt näher, wie Joachim Schmidt, Sprecher der Niederlassung Nordwest der Autobahn GmbH des Bundes mitteilt. ![]()
An gleicher Stelle soll dann ein Autobahnparkplatz mit WC-Anlage entstehen „Ein genauer Baubeginn kann derzeit nicht genannt werden“, erklärt Schmidt. Die Arbeiten würden nach und nach in Bauabschnitten ausgeführt. Frühestens Ende 2027/Anfang 2028 wäre daher ein neuer Parkplatz fertig. Die Kosten beliefen sich voraussichtlich auf rund 5,5 Millionen Euro. ![]()
„Der aktuelle Zustand des Gehöftes ist uns bekannt“, sagt Schmidt. An der Anlage wurden mehrfach diverse Sicherungsmaßnahmen vorgenommen. „Das unbefugte Betreten des Geländes sowie Vandalismus und Diebstahl können jedoch leider nicht vollständig verhindert werden“. Am Sicherungszaun angebrachte Hinweisschilder wiesen jedoch darauf hin, dass das Betreten illegal und verboten ist und jegliche Haftung ausgeschlossen wird. Außerdem werde dort regelmäßig kontrolliert. ![]()
Abhalten tut das niemanden. Und wer in den alten Gebäuden mit etwas Fantasie genau hinhört, kann dort den Geschichten lauschen von einer Autobahn durch das Herz eines geteilten Europas und den Männern, die sie von dort aus einst meisterten. |
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